Körpersprache:
Kontroll- und Führungsbereiche
Der wichtigste Bereich zum Beziehungsaufbau (nicht Führung, sondern Grundlage) ist der Kontrollbereich, der direkte Einflussbereich, vor der Schulter, wo direkte Autorität ausführbar ist. Beim Menschen der Bereich in dem er etwas ergreifen kann. Beim Stier das, was er mit den Hörnern erreichen kann, beim Adler, Schnabel und Greif, beim Hund das was mit einem Satz mit den Zähnen erreichbar wäre, wo nichts und niemand ihm entkommt.
Die Größe des Bereiches hängt also vom jeweiligen Tier und dessen Kontrollmechanismen ab. Der Mensch greift eben mit den Händen. der Kontrollbereich ist also der Bereich, den er ergreifen kann, ohne die Stellung des Rumpfes oder der Füße zu verändern.
Die hauptsächliche Kontrollkommunikation und Kontrollstelle ist die Schulter und der Oberkörperbereich (Brustbein), der Laufrichtungen und Kontrollbewegungen in Richtungen lenkt. Dazu aber an anderer Stelle mehr.
Interessant für den „nicht artgerecht geübten Leser“ ist der paradoxe Umgang des Hundes (ich bleibe hier kurz beim Hund, Pferdearbeit ist hier aber wesentlich weiter entwickelt, Pony Boy Gawany z.B. geht exzellent mit diesen Bereichen und den Bewegungen des Pferde darin um), mit dem Kontrollbereich.
Wir stellen uns den Bereich als eine Art Trichter direkt vor uns vor, auf einem Ziffernblatt von ca. 11 bis ca. 2 Uhr.
Wenn wir einen Hund zu uns rufen, der seine soziale Ordnung kennt und sich sicher darin bewegt, wird jeder Hund (und im übrigen auch jeder Welpe, der Ordnung ja noch gar nicht hinterfragt), genau in diesem Trichter auf uns zu laufen und sich uns zugewandt hinsetzen. Ein Hund, der die Ordnung kennt, würde niemals über meine Schulterachse laufen, also ist vor meiner Schulter sein Lauf beendet. Will er wissen, wie es weitergeht wird er sich auch hinsetzen, das geht jetzt aber zu sehr ins Detail.
Auffällig ist: wenn ich mit einem Hund, der seine soziale Ordnung akzeptiert hat, loslaufe und ihm auch bedeute er solle mit mir gehen, (das Wort dafür ist „Fuß“), wird er immer hinter diesem virtuellen Trichter bleiben, er wird wiederum die Schulterachse nicht überschreiten, er wird niemals vor mich treten, auf keinen Fall meine Schritte queren, oder die Seite wechseln. Beinahe identisch ist der Vorgang bei Pferden. Dort ist die Kontrollvereinbarung nur untrennbar mit Bewegungsaufforderung und Distanzierung verbunden (schön zu sehen bei Gawany, Roberts, Parelli).
Mache ich die gleiche Übung mit einem Hund, dessen soziale Ordnung nicht geklärt ist, wird er IMMER versuchen, außerhalb des Kontrollbereichs zu bleiben, wenn ich ihn rufe (ein Vorgang der fälschlicherweise oft als „Angst“ missverstanden wird, in Wahrheit aber Scheu und soziales Ausweichen ist), genauso wird er PERMANENT versuchen, in meinen Kontrollbereich hineinzugehen, wenn ich loslaufen will. Dieser Hund wird sich auch ungern in einer Sitzübung vor mir aufhalten wollen, er windet sich, nimmt symbolisch Beute auf, legt sich absichtlich hin, versucht, zu mir zu kommen, sich wegzudrehen etc. Er wird alle Parameter abfragen, die ihm einfallen.
Das Betreten und Verlassen des Kontrollbereiches ist also ein Vorgang von enormer Bedeutung. In der artgerechten Pferdearbeit ist dieser Bereich auch bekannt und es wird damit gearbeitet. Niemand würde wagen, sich auf ein Pferd zu setzen, das sich solch einer Regelung entzieht, das sich nicht aus einem gedachten Bereich von mir herausbugsieren lässt.. Das wäre schlicht lebensgefährlich. Wir müssen die Schritte des Pferdes und die Position des Hundes auf das genaueste kontrollieren und führen können, wir müssen die Tiere dabei immer aktiv mitentscheiden lassen, dürfen sie auf keinen Fall dabei manipulieren. Wenn hier in der Frage „Kontrollbereich erlaubt oder nicht“ irgendwelche Unklarheiten sind, ist Vertrauen niemals möglich, Kontrolle kommt vor Vertrauen aber es ist untrennbar verbunden. Es ist nicht gleichzeitig, aber es hängt voneinander ab.
Ist der Kontrollbereich geklärt, also rein zur Kontrolle, raus zur Führung, dann ist echte Arbeit und Beziehungsarbeit mit dem Tier erst möglich. Haben sie das nicht abgefragt, brauchen sie sich echt nicht auf ihr Pferd zu setzen oder mit ihrem erwachsenen Rüden in eine Hundegruppe zu gehen.
Körpersprache ist also zu einem recht großen Anteil auch Territorialverständigung.
Territorialverhalten und territoriales Denken ist einer der Kommunikationsparameter.
Wer das einmal begriffen hat tut sich sehr leicht. Territorium gehört immer der Gruppe, so wie Beute auch. Besteht diese auf eine Gruppenregelung (Befehl- und Arbeitsebene), hat kein Individuum außer den Chefs einen Zugang dazu. Ist keine Gruppenregelung im Raum (Spiel und Freilauf) ist es meist nicht so wichtig. (es gibt aber keine absolute Erlaubnis). Chefplätze bleiben Tabu.
Anspruch auf Distanzen, Territorien und körpersprachliche Bereiche laufen über Rangordnung, Lebenserfahrung, Sozialkompetenz.
Was das territoriale Denken und das körpersprachliche Verhalten von Tieren betrifft, gibt es eine ästhetisch sehr schöne Entdeckung. Alles ist rund, es gibt keine Winkel und keine Ecken, jede Bewegung bleibt im Fluss.
Kontrollbereich
Mensch im Kontrollbereich des Angreifers, ein Jagdspiel.
Courses Camarguaise in Baillargues 2013
Schafe geraten in den Kontrollbereich des Angreifers, ein Jagdspiel in Sigmaringen 2013 Die Rollen sind vertauscht, es sind unterschiedliche Spezies in der Kommunikation, die soziale Bedeutung ist identisch, für den Hund ist diese Handlung ein Spiel (Arbeitsmodus).
Schafe geraten in den Kontrollbereich der Angreifer, ebenfalls ein Jagdspiel, jedoch mit einem dritten, dem Menschen in Priorberg 2013.
Die Rollen sind vertauscht, es sind unterschiedliche Spezies in der Kommunikation, die soziale Bedeutung ist identisch, Für den Hund und den Mensch ist diese Handlung ein Spiel (Arbeitsmodus). Ist der Mensch der Chef des Hundes, wird er die Schafe zu sich bekommen, ist er es nicht, nimmt der Hund die Schafe zu sich.
Alle Kommunikationsparameter gelten gleichzeitig also auch die soziale Rolle. Der Vorgang ist interessant, der Hund treibt die Schafe in meinen Kontrollbereich instinktiv. Mein Hund hat das nie gelernt, er macht das, weil es Teil seinen genetischen Codes ist.
Kontrolle über Rangordnung und Körpersprache. Die Schafe bleiben in Balance, jede Bewegung der Schafe wird durch Bewegung des Hundes ausbalanciert. Manchmal auch durch meine, sie sehen an meiner Haltung dass ich nicht unerfahren im Metier bin, der Hund macht das schon lässiger.
Kontrolle über Rangordnung und Körpersprache. Basisübung No. 1
Der Hund bleibt in Balance, jede Bewegung des Hundes wird durch Bewegung des Raubtiers Mensch ausbalanciert. Sitz ist eine Kontrollübung, weil die Rangordnung noch nicht steht. Kann der Parameter Distanz noch nicht eingesetzt werden.
Siehe oben
Führungsbereich
Führung über Rangordnung und Körpersprache. Der Kontrollbereich muss jetzt frei bleiben. Der Mensch hat das noch nicht verinnerlicht (wir sind hier im BASIS-Kurs), die Hündin, weil genetisch verankert, reagiert ganz exakt. Durch das leichte „nach links drehen“ des Oberkörpers des Menschen, schickt er den Hund nach links außen, läuft aber selbst nach vorne, deshalb ist es für den Hund noch sichtbar schwer, die Laufrichtung abzulesen.
Der Respekt wird hier aber klar gezeigt, die Hündin ist interessiert, will sich anschließen, weiß aber noch nicht genau, wie. Der Auslöser für die „Unsicherheit“ ist hier, dass der Mensch noch nicht gelernt hat, auf seine Stärke und Kraft zu bauen.
Falsch wäre hier, Symptomwischerei mit Futter zu erlauben, der Mensch bliebe in seiner Unsicherheit, die Hündin bekäme keinen qualifizierten Chef.
Übung macht den Meister, Fußlaufen funktioniert dann, wenn es dem Menschen ziemlich egal scheint, er darauf vertraut, dem Hund eine klare Nachricht zu übermitteln, dann ist er glaubwürdig und der Hund schließt sich an.
Es ist also nicht so wie die IHK zertifizierte Trainerin ihnen weis machen will, der Hund nähme die Unsicherheit des Menschen auf, es ist vielmehr so, dass die Unsicherheit des Menschen eine unklare Nachricht übermittelt. Der soziale Aspekt der Nachricht „geh mit mir mit“ hat wegen der Unsicherheit des Menschen keine klare Ansage. Im Tierreich geht man nur mit jemandem mit, der seiner Sache sicher ist. Es geht schließlich ums Überleben.
Fußlaufen ist also eine Frage von Respekt und Vertrauen.
Respektiert mich der Hund, bleibt er aus dem Kontrollbereich raus, vertraut er mir so wie ich ihm, läuft er mit mir zu meinem Ziel. Er freut sich darüber, denn es ist ja etwas Gemeinsames.
Das Bewusstsein für die körpersprachlichen Bereiche ist allen sozialen Tieren angeboren.
Die DNA sagt dem Hund, was Sitz und Fuß bedeuten.
Der Kontrollbereich ist von Spezies zu Spezies unterschiedlich. Ich würde einem Stier nicht so nahe kommen wollen wie einem Hund. Der Kontrollbereich geht eben soweit wie du physisch sofort präsent sein kannst, wenn keine Rangordnung besteht. Besteht sie, ist Kontrolle nicht nötig und der Kontrollbereich gilt nur für die Arbeit, also die Jagd.
Nähme ich für das Fußlaufen ein Leckerli zur Hand, wüsste der Hund
a- nicht wo es hingeht, auch nicht wer die Richtung bestimmt
b- respektierte er mich nicht (genau das braucht er aber zu seiner sozialen Orientierung am dringendsten).
Es braucht dazu kein Training.
Artgerecht gehaltene Welpen laufen AUF ANHIEB Fuß.
Meine Hunde haben es ALLE auf Anhieb gemacht.
Die Führungsübung „Fuß“ ist Phase 2 der körpersprachlichen Kommunikation.
Zuerst muss der andere in den Kontrollbereich, um die Kontrolle zu spüren und zeigen zu können, dass er sie akzeptiert, DANACH!!! geht es in Führungsübungen, die immer bedeuten: „der andere schließt sich an, bleibt aber aus dem Kontrollbereich raus“.
Ob es sich um Mensch, Hund, Stier oder Pferd handelt ist gleichgültig. Strick/Leine wird hier nur als Kommunikations-Impulsgeber benutzt. Ansonsten herrscht ruhige, konzentrierte Arbeitsatmosphäre (nicht vergessen, dass alle Parameter der sozialen Sprache gleichzeitig ziehen, also auch die Frage welche Autoritätsebene benutzt wird), textet der Mensch hier sinnlos Lob hinein, wird der Hund denken die Grenze zum Kontrollbereich wäre frei ( à la „meines Wissens nach gilt das sofort“ von 1989)
Das ist der territoriale Anteil von körpersprachlicher, sozialer Sprache.
Vertraut der Mensch nicht, hat er sich im „Sitz“ nicht klar seiner Kontrolle versichert, wird er dieses Manko spätestens in der Führung spüren. Deshalb gehen wir wieder einen Schritt nach hinten und geben dem Hund Sicherheit.
zurück in den Kontrollbereich
Der Parameter Distanz wird langsam erweitert.
Führungsbereich/Kontrollbereich sind abgesteckt
Dito
Vorsicht, die Schulter geht in den Kontrollbereich! sofort! handeln.
nach der Klärung
Besser nochmal mit Leine, macht es einfacher
Klar abgesteckte Bereiche, die Aufspannung des Hundes zeigt: „mal schauen, ob du das durchsetzen kannst“, ich werde dich noch prüfen müssen. Eine Betahündin lässt sich nicht gleich von jedem etwas sagen: vergessen sie nicht: Alle Kommunikationsparameter ziehen immer gleichzeitig, also auch der Beruf des Hundes.
Das Lecken heißt: gelten die Regeln auch, wenn das Kind dabei ist?
Das Kind kann keine Autorität übernehmen. Der Hund weiß das und frägt die Regel ab. Er ist sozial intelligent.
Der sozial reife Erwachsene behält die Kontrolle, der Hund ist zufrieden.
Der Hund auf dem Bild wurde als Welpe mit Leckerli konditioniert, was zur Folge hatte, dass er unkontrollierbar war. Einem Reh hat das das Leben gekostet . Der Hund war sozial desorientiert, hatte Stress, das Reh hat das nicht überlebt. Jagen ist heute Geschichte. Leckerli auch.
Autoritätsebene gewechselt. Im Spiel ist die Zone frei.
Genau
eben
Dominanzhaltung, aufgespannter Oberkörper, DISTANZ.
Hmmm das wird langsam, ist aber noch nicht durch, interessant wäre: wie reagiert der Hund, wenn das Brustbein des Menschen auf die Schulter des Hundes zielt.
Spiel: Nähe ist erlaubt
Yeah
Zurück zu Konzentration, Befehl, Kontrollbereich, Distanz.
Die Hündin diskutiert im Führungsbereich, frägt enorm nach Ordnung und Dominanz,
Der Schwarze sagt: Kein Problem.
Haben sie verstanden?
Nein natürlich nicht, die theoretische Erklärung fällt wesentlich komplizierter aus, als die Praxis es ist. Sie wären der erste, der nach ein paar Zeilen Text und ein paar Bildern wirklich erfasst hätte, wo der Hase langläuft, sie müssen es spüren, ausprobieren, mit ihrem Hund diskutieren, mit ihrem Pferd verhandeln um die Bereiche und dabei beweisen was sie drauf haben. Ihr Tier will es wissen.
Sie können hier aber nachschlagen wenn sie rekapitulieren wollen.
Fortsetzung folgt.